Eigenartige Aufstellung von Mikrofonen

           © Burkhard Heise, 2011

 

 


Nicht, dass ich etwas gegen Humbucker hätte! Erstklassige Tonabnehmer, die wissen, wie man das macht. Nur in Sachen Mikrofonierung von Akustikgitarren bin ich etwas skeptisch. Schauen und hören Sie sich die Beispiele an, wenn Sie sich für Abgründe der Mikrofonierung interessieren.

How to Mic Six-Strings Like a Pro:  Link zu den Beispielen auf www.humbucker.com

Meine Kommentare dazu:

Spaced Pair (Version A):
Das ist natürlich kein Standard-Hauptmikrofonsystem. Allerdings rät Michael Cooper schon einmal dazu, die 3:1-Regel strikt einzuhalten, um eine gute Monokompatibilität zu erreichen. Als Ergebnis wird eine Aufnahme präsentiert, die typisches Pseudostereo ist. Die Sache drückt unangenehm auf den Ohren. Ein Raumklanganteil oder eine gewisse Luftigkeit der Aufnahme ist nicht vorhanden — wie auch, bei derart dichter Aufstellung am Instrument. Eine überzeugende Aufnahme geht anders. Ein großes Fragezeichen stellt die zusammengemischte Monoversion dar. Es sollte doch eine Stereoaufnahme sein. Vermutlich legte Humbucker besonderen Wert auf die Darstellung der Monokompatibiltät. Wozu?

Spaced Pair (Version B):
Das ist schon mal lange kein Mikrofonsystem. Die artistische Aufstellung des zweiten Mikrofons über die rechte Schulter ist grandios. Die Aufnahme orgelt, dass einem schwindlig wird. Raumklanganteile sind nicht auszumachen. Amtliches Pseudostereo. Gut, da braucht man keinen Chorus mehr einzuschleifen, aber mit Klanqualität hat das nichts zu tun. Die Monomischung klingt entsprechend kaputt. Kein Wunder, denn jede kleine Bewegung des Musikers verändert den Phasenbezug der beiden Signale, was zu starken frequenzabhängigen Auslöschungen führt (Kammfilter-effekte).

The X-Y Technique:
Endlich, ein klassisches Hauptmikrofonsystem. Allerdings ist die Aufstellung so nahe am Instrument, dass auch hier der Klang nicht fokussiert ist, sondern von rechts nach links und zurück wabert, je nach dem, bei welcher Frequenz ein höherer Pegel am Mikrofon auftritt. Die tiefen Töne kommen links, die hohen rechts. Das ist unnatürlich, wer sitzt denn als Zuhörer 30 cm vom Instrument entfernt? Raumklanganteile sind dabei natürlich auch nicht vorhanden, so dass auch diese Aufnahme sehr unnatürlich klingt. Das liegt aber nicht an der X-Y Technik, sondern an der zu nahen Aufstellung der Mikrofone.

Fazit:
Alles in allem ist dies wirklich kein gelungener "Unterricht" zur Mikrofonierung. Die erzielten Ergebnisse kann man den Klangexperimenten der 80er Jahre zuordnen, wo man ohne voll aufgedrehtes Effektboard auch als Akustikgitarrist nichts werden konnte. Gut, wenn die Akustikgitarre auch noch einen zusätzlichen Tonabnehmer hatte, den man für den Effektweg verwenden konnte ...

Die Aufnahmetechniken, die hier präsentiert wurde, könnte man "inside and around the guitar" nennen. Selbst die XY-Variante ist nicht realistisch und nicht stabil, die Schallquelle springt je nach Frequenz von rechts nach links. Gut, machen kann man das. Aber wen will man damit im Sinne einer gelungenen Aufnahme begeistern?

 

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